Stösst die Schweizerische Negativzinspolitik an ihre Grenzen?

In den letzten Jahren haben die Notenbanken verschiedener Länder die kurzfristigen Zinssätze bis in den negativen Bereich gesenkt. In einigen Fällen haben sich sogar die langfristigen Marktzinsen negativ entwickelt. Es überrascht daher kaum, dass über das Thema inzwischen auf breiter Front und oftmals kontrovers debattiert wird. In der Schweiz, dem Land mit den derzeit tiefsten Negativzinsen, wird die Diskussion über die Auswirkungen der Negativzinspolitik zunehmend dezidierter und fordernder geführt. Im Rahmen unseres Video-Webinars mit 280 Zuschauern diskutierten SFI-Prof. Philippe Bacchetta, Prof. Urs Lendermann und SFI-Adjunct-Prof. Alfred Mettler die Negativzinsen in der Schweiz und ihre Folgen vor dem Hintergrund der Corona-bedingten wirtschaftlichen Verwerfungen. Abgerundet wurde die Veranstaltung von Dr. Martin Schlegel, der als Stellvertretendes Mitglied des Direktoriums für das geldpolitische Konzept der Schweizerischen Nationalbank (SNB) plädierte.
Datum13 Mai 2020
KategorieNews

Video-Webinar 12. Mai 2020

Was für viele Beobachter bis vor kurzem noch undenkbar schien, dürfte durch die weltweite Corona-Pandemie zur unschönen Gewissheit werden: Eine globale Rezession scheint inzwischen unabwendbar. Die Frage ist nicht mehr wann, sondern in welcher Stärke und über welchen Zeitraum sich die wirtschaftliche Abkühlung manifestieren wird, derweil die Regierungen überall auf der Welt gigantische Konjunkturprogramme zur Stützung der Wirtschaft angekündigt haben – so auch die Schweiz. Und das ist gut so, denn ausserhalb fiskalpolitscher Massnahmen sind der Eidgenossenschaft die Hände stark gebunden. So ist das geldpolitische Instrumentarium der SNB zurzeit stark eingeschränkt, was es für die SNB wesentlich schwieriger macht einer Rezession entgegenzuwirken oder damit verbundene volkswirtschaftliche Negativeffekte zu mildern. Die Zinsschraube nach unten bietet hierfür schlichtweg keinen Spielraum mehr. 

 

Im Rahmen unseres Video-Webinars präsentierten und erläuterten die Podiumsteilnehmer, bestehend aus SFI-Professor Philippe Bacchetta von der Universität Lausanne, Professor Urs Lendermann von der Hochschule der Deutschen Bundesbank sowie SFI-Adjunct-Professor Alfred Mettler von der University of Miami, ihre finanzwissenschaftliche Optik auf die Negativzinsen. Die Autoren einer gemeinsamen SFI Public Discussion Note sind in ihrer Analyse dabei im Wesentlichen zum Schluss gekommen, dass aktuell Negativzinsen unumgänglich seien und eher eine Anpassung der Fiskalpolitik zum tragen kommen müsste. Während Prof. Mettler erklärte, wie das Negativszinsumfeld überhaupt entstanden ist, beleuchtete Prof. Lendermann das Thema aus europäischer Perspektive – namentlich aus deutscher Sicht – und Prof. Bacchetta fokussierte in seinem Beitrag auf die befürchtete Rezession in den kommenden Monaten sowie auf den eingeschränkten Handlungsspielraum der SNB, um deren Folgen zu mildern. Abgerundet wurde die Veranstaltung mit der Keynote von Dr. Martin Schlegel, der eine geldpolitische Normalisierung in den grossen Währungsräumen aufgrund der derzeitigen Lage in weiter Ferne ortet und darauf hinwies, dass sich die expansive Geldpolitik der SNB gerade in Krisenzeiten bewähre. Moderiert wurde das Webinar vom versierten Finanzjournalisten Claude Baumann von finews.ch